Mit offenem Brief fordern 135 Unternehmen und 30 Industrieverbände EU-Wettbewerbskommissarin Vestager zu konkreten Sanktionen auf

Die Verlegerverbände Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) unterstützen einen offenen Brief, in dem 135 Unternehmen und 30 Verbände der Digitalwirtschaft die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zu konkreten Sanktionen gegen Googles Begünstigung eigener Dienste in den Suchergebnissen auffordern.

Wachsender Unmut in der Digitalwirtschaft

Google führt die EU-Kommission an der Nase herum. In der Digitalwirtschaft wächst der Unmut wegen der Nichtumsetzung der auferlegten Maßnahmen,“ erklärte Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des BDZV.

Es kommt jetzt darauf an, dass Wettbewerbsbehörden in ganz Europa schnell und effektiv gegen vergleichbare Formen der Selbstbegünstigung von marktmächtigen Digitalplattformen vorgehen. Wir sollten nicht auf neue Gesetze warten, wenn die Abhilfe schon mit bestehenden Instrumenten deutlich schneller erreicht werden kann. Andernfalls lässt man zu, dass Google weiter vollendete Tatsachen schafft und Markt für Markt die gleiche Monopolisierungsstrategie anwendet“, sagte Stephan Scherzer, Hauptgeschäftsführer des VDZ.

Google dehnt Praktiken unbeirrt auf weitere Sektoren aus

Die Verlegerorganisationen weisen darauf hin, dass die Europäische Kommission bereits 2017 in einem Wettbewerbsverfahren Google untersagte, einen eigenen Dienst in den Ergebnisseiten der Suchmaschine besser darzustellen als relevantere Wettbewerber. Mittlerweile bestehe weltweit Konsens, dass sich Google durch solche Selbstbegünstigungspraktiken ungerechtfertigte Vorteile verschafft und den Wettbewerb verzerrt. Gleichwohl habe Google die Entscheidung aus Sicht der Verbände bislang faktisch ignoriert und diese Praktiken unbeirrt auf weitere Sektoren ausgedehnt, etwa im Bereich der Vermittlung von Unterkünften und Stellenangeboten.

Eine im September 2020 veröffentlichte empirische Studie habe gezeigt, wie ineffektiv Googles bisherige Maßnahmen zur Umsetzung der Entscheidung von 2017 waren.

Mit dem offenen Brief appellieren wir an die Kommission, nicht länger wegzusehen und den Praktiken ein effektives Ende zu setzen“, heißt es dazu von BDZV und VDZ.

Hintergrund:

Am 27. Juni 2017 verhängte die Europäische Kommission gegen Google ein Rekordbußgeld von EUR 2,42 Mrd. weil das Unternehmen mit einem Marktanteil bei der Internetsuche von über 90 Prozent in Europa seit 2007 seinen eigenen Preisvergleichsdienst „Google Shopping“ in den Suchergebnissen begünstigt hatte. Die Entscheidung gilt als der wichtigste Präzedenzfall für die Digitalwirtschaft, da sie zum ersten Mal klarstellt, dass ein marktbeherrschender Intermediär seine Vermittlerrolle nicht dazu einsetzen darf, eigene Dienste auf vor- oder nachgelagerten Märkten zu begünstigen und den dortigen Wettbewerb zu verzerren.

Die Entscheidung verpflichtet Google, alle Produkt- und Preisvergleichsdienste bei der Darstellung in den Suchergebnisseiten gleich zu behandeln. Seit dem ersten Tag, an dem Google dieses Gebot umsetzen sollte, wiesen betroffene Wettbewerb darauf hin, dass sich Google weiter begünstige.

Weiterführende Hintergrundinformationen zum Thema auf vdz.de

Quelle: VDZ // BDZV

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